Da die Steuerverkürzung in der Beeinträchtigung des gesetzlichen Steueranspruchs durch eine für den Steuergläubiger nachteilige unrichtige Konkretisierung besteht, muss der Vorsatz zwei Elemente umfassen, nämlich zum einen die Kenntnis, dass ein gesetzlicher Steueranspruch besteht und zum anderen das Bewusstsein, dass die Tathandlung die – vollständige und rechtzeitige – Festsetzung dieses Anspruchs verhindert. Es genügt auch hier dolus eventualis. Der Steuerhinterziehungsvorsatz scheidet freilich aus, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund einer unzutreffenden steuerrechtlichen Subsumtion verborgen bleibt, dass er den Steueranspruch verkürzt (Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 370 AO Rn. 238, 240).
"Die Klägerin hat insbesondere auch durch die Einlassungen ihrer Prokuristin im Erörterungstermin nachvollziehbar dargelegt, dass es ihr darum ging, durch Vorlage der Proformarechnungen aus ihrer Sicht bestehende praktische Schwierigkeiten bei der Rechnungsstellung zu umgehen. Sie hat sich dahin eingelassen, dass sie regelmäßig bei der Firma A Ltd., Island, Fisch gekauft habe, der dann in ihrem Auftrag in Litauen bearbeitet und von dort nach Deutschland gesandt worden sei. Da im Zolllager der Firma B Fisch aus unterschiedlichen Sendungen eingelagert worden sei und die in Deutschland eingeführten Mengen filetierten Fischs nicht mit einzelnen Sendungen der Firma A Ltd., Island, übereingestimmt hätten, hätte sie keine zur Einfuhrsendung passende Verkaufsrechnung vorlegen können und habe sich daher mit den Proformarechnungen beholfen. Dass sie dadurch Steuern verkürzen könne, sei ihr nicht bewusst gewesen.
Die Richtigkeit dieses Vortrags konnte nicht widerlegt werden."
FG Hamburg, Urteil vom 11.05.2010, Az.: 4 K 263/09
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Einfuhrzoll.
Zwischen Januar 2002 und April 2004 meldete die Klägerin die Einfuhr von Fischfilets, frisch, gekühlt oder gefroren der Warennummer 0304 2035 00 0 zur Überführung in der freien Verkehr an. Als Ursprungsland gab sie Island an. Daraufhin gewährte der Beklagte den für Island geltenden Präferenzzollsatz „frei”.
Zollfahndungsamtliche Ermittlungen ergaben, dass die Klägerin von ihrer Muttergesellschaft, der Firma A Ltd., Island, in einigen Fällen, u.a. im vorliegenden, gekauften Fisch unmittelbar an die Firma B in Litauen geliefert hatte. Die Firma A hatte dabei stets den isländischen Ursprung bescheinigt. Grundlage waren Verträge zwischen der Klägerin und der litauischen Firma, nach denen der geköpfte und ausgenommene Fisch in Litauen bearbeitet, filetiert, neu verpackt und mit Eis versehen wird. Nach Abschluss der Verarbeitung und Zwischenlagerung in Litauen wurden die Sendungen aus Litauen kommend von der Klägerin beim Beklagten zum freien Verkehr angemeldet. Bei den im Zusammenhang mit den Einfuhrabfertigungen vorgelegten Verkaufsrechnungen handelte es sich um fiktive Belege, die den Zweck hatten, Einfuhrgeschäfte zwischen der Klägerin und der Firma B in Litauen vorzutäuschen.
Der Beklagte ging daraufhin davon aus, es handele sich infolge der Bearbeitung um Waren mit Ursprung in Litauen und setzte für 54 Einfuhrsendungen gemäß Art. 220 Abs. 1 Zollkodex unter Anwendung des für Waren mit Ursprung in Litauen geltenden Zollsatzes von 2% Einfuhrzoll fest.
Nach erfolglosen Einspruchsverfahren erhob die Klägerin als Musterverfahren gegen den Nacherhebungsbescheid vom 6.11.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.6.2008 und des nur in diesem Verfahren ergangenen weiteren Nacherhebungsbescheides vom 8.12.2008, mit dem der für Litauen geltende Drittlandszoll in Höhe von 7,5 % erhoben wurde, Klage vor dem Finanzgericht Hamburg. Die übrigen Einspruchsverfahren wurden gemäß § 363 Abs. 1 AO ausgesetzt.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 13.5.2009 (4 K 195/08) wies der Senat die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte der Senat u.a. aus, die Ware sei weder isländischen noch litauischen Ursprungs. Vielmehr sei der Drittlandeszollsatz in Höhe von 7,5 % in Ansatz zu bringen. Auf dieses Urteil wird Bezug genommen. In der Folge nahm die Klägerin ihre Einsprüche in den noch offenen Einspruchsverfahren zurück.
In den Verfahren, die nicht Gegenstand des Klageverfahrens 4 K 195/08 waren, erließ der Beklagte nach Änderung seiner Rechtsauffassung und nach Erlass des Senatsurteils vom 13.5.2009 weitere Nacherhebungsbescheide, mit denen der Drittlandszoll in Höhe von 7,5 % nacherhoben wurde.
Klagegegenstand im Streitfall sind Einfuhren aus dem Frühjahr 2003 für die mit Abgabenbescheid vom 1.2.2003 ursprünglich kein Einfuhrzoll erhoben wurde. Mit Änderungsbescheid vom 13.1.2006 wurde der für Litauen geltende Zollsatz in Höhe von 2 % nacherhoben. Mit dem nunmehr streitgegenständlichen Nacherhebungsbescheid vom 9.7.2009 erhob der Beklagte in Bezug auf mehrere Einfuhren Drittlandszoll (7,5%) nach.
Am 22.7.2009 legte die Klägerin gegen den Einfuhrabgabenbescheid vom 9.7. 2009 im Hinblick auf die Positionen 4 und 5 (Bezugsvorgänge AT/…..X und AT/…..Y) Einspruch ein und berief sich auf Festsetzungsverjährung. Es gelte die dreijährige Verjährungsfrist. Sie – bzw. ihr Geschäftsführer – habe nicht vorsätzlich gehandelt. Ihr seinerzeitiger Geschäftsführer habe sich bei der litauischen Zollverwaltung erkundigt und mitgeteilt bekommen, die Bearbeitung des Fisches in Litauen verleihe diesem nicht den litauischen Ursprung. Das entsprechende Schreiben der litauischen Zollverwaltung vom 30.9.1999 legte die Klägerin vor (Bl. 90, 91 der Sachakte).
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 1.10.2009 zurückgewiesen. Verjährung sei nicht eingetreten, da gem. Art. 221 Abs. 4 Zollkodex i.V.m. § 169 Abs. 3 S. 2 AO die 10-jährige Verjährungsfrist gelte. Die Klägerin habe als Anmelderin in den Zollanmeldungen wahrheitswidrige Angaben gemacht, um vorzutäuschen, dass Einfuhrgeschäfte in die Gemeinschaft zwischen ihr und der litauischen Firma B stattgefunden hätten. Durch Vorlage fiktiver Rechnungen habe sie die in der Anmeldung begonnene Täuschung fortgesetzt. Derartige Einfuhrhandelsgeschäfte hätten unstreitig nicht existiert. Tatsächlich sei nur vereinbart worden, dass der Fisch im Auftrag der Klägerin in Litauen bearbeitet und neu verpackt werden solle. Diese Verträge seien vom seinerzeitigen Geschäftsführer der Klägerin, Herrn C, unterzeichnet worden. Durch diese Vorgehensweise habe die Klägerin erreicht, dass dem Fisch aufgrund unzutreffender Präferenznachweise der Zollsatz „frei” zuerkannt worden sei. Aufgrund des Schreibens der litauischen Zollverwaltung sei ihr bekannt gewesen, dass durch die Verarbeitung ein litauischer Ursprung nicht begründet werden könne und auch der isländische Ursprung verloren gehe. Daher habe sie ein zusätzliches Kaufgeschäft zwischen ihr und der Firma B erfunden, für das die fiktiven Rechnungen ausgestellt worden seien, die ausschließlich den Zweck gehabt hätten, den deutschen Zollbehörden ein Einfuhrhandelsgeschäft vorzutäuschen, damit die bei den litauischen Zollbehörden erwirkten Präferenznachweise EUR 1 für den Ursprung Island anerkannt würden. Damit sei der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt.
Mit ihrer am 5.11.2009 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie hält die Sachverhaltsdarstellung in der Einspruchsentscheidung für zutreffend, meint jedoch, es sei Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Auskunft der litauischen Zollverwaltung dürfte jeglichen Vorsatz des Geschäftsführers in Abrede stellen. Sie habe die Firma B angewiesen, die Proformarechnungen über einen geschätzten Gesamtpreis auszustellen, um für die Einfuhr in die Gemeinschaft eine entsprechende Rechnung vorlegen zu können.
Die Klägerin beantragt, den Abgabenbescheid vom 9.7.2009 in Bezug auf die Positionen 4 und 5 (Bezugsvorgänge AT/…..x und AT/…..y) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1.10.2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er nimmt auf die Einspruchsentscheidung Bezug und betont, dass der Klägerin bekannt gewesen sei, dass für den in Litauen in ihrem Auftrag bearbeiteten Fisch ein litauischer Ursprung nicht habe begründet werden können, und dass der ursprüngliche isländische Ursprung nicht hätte erhalten bleiben können. Dass ihr die Präferenzregelungen bekannt gewesen seien, ergebe sich auch aus einer Reihe von Nichtmanipulationsbescheinigungen der litauischen Zollbehörden, die sie im Zusammenhang mit anderen Einfuhren von in Litauen nicht verarbeitetem Fisch vorgelegt habe. Dass Proformarechnungen vorgelegt worden seien, sei nicht erheblich, weil solche Rechnungen von den Zollbehörden anerkannt würden, wenn sich aus ihnen der Transaktionswert schlüssig ergebe.
Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 15.4.2010 wurde durch Vernehmung des Zeuge C über die Einzelheiten des Einfuhrvorgangs Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll verwiesen.
Im Erörterungstermin haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Sachakten des Beklagten haben vorgelegen.
Gründe
Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.
Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.
I. Der Abgabenbescheid vom 9.7.2009 ist in Bezug auf die im Tenor genannten Positionen in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1.10.2009 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für die Nacherhebung des Zolls ist Art. 220 Abs. 1 Zollkodex, wonach die mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag erfasste Zollschuld nachträglich erfasst werden kann.
Die Zollschuld wurde ursprünglich mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag erfasst. Die eingeführten Fischfilets waren weder isländischen noch litauischen Ursprungs, so dass die mit den ursprünglichen Abgabenbescheiden in Ansatz gebrachten Zollsätze „frei” bzw. „2 %” unzutreffend waren. Mit rechtskräftigem Urteil vom 13.5.2009 (4 K 195/08) hat der Senat in einem von den Beteiligten dieses Rechtsstreits geführten Parallelverfahren erkannt, dass die Ware weder isländischen noch litauischen Ursprungs ist. Vielmehr ist der Drittlandeszollsatz in Höhe von 7,5 % in Ansatz zu bringen. Der Sachverhalt im Streitfall ist in den entscheidungserheblichen Punkten identisch, was auch die Beteiligten nicht in Abrede stellen. Weitere Ausführungen des Senats sind in diesem Zusammenhang daher entbehrlich, es wird auf das Urteil vom 13.5.2009 Bezug genommen.
Die Beteiligten streiten allein über die Frage, ob der Nacherhebungsbescheid vom 9.7.2009 wegen eingetretener Festsetzungsverjährung rechtswidrig ist.
Gem. Art. 221 Abs. 3 S. 1 Zollkodex darf die Mitteilung an den Zollschuldner nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld nicht mehr erfolgen. Da die Zollschuld mit der Einfuhr im Jahre 2003 entstanden ist, wäre die Nacherhebung im Jahre 2009 ersichtlich verfristet. Etwas anderes gilt allerdings, wenn Art. 221 Abs. 4 Zollkodex greift. In diesem Fall richtet sich die Verjährungsfrist bei dem Vorliegen einer strafbaren Handlung nach einzelstaatlichem Recht und damit nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO, wonach die Festsetzungsfrist 10 Jahre beträgt, soweit die Steuer hinterzogen worden ist. Unter einer strafbaren Handlung im Sinne von Art. 221 Abs. 4 Zollkodex ist eine Handlung zu verstehen, die nach der Rechtsordnung des Mitgliedstaates, dessen zuständige Behörden eine Nacherhebung durchführen, als Taten im Sinne des nationalen Strafrechts anzusehen sind (EuGH, Urteil vom 27.11. 1991, C-273/90). Eine Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO stellt eine Straftat in diesem Sinne dar.
Es kann zunächst davon ausgegangen werden, dass die Mitarbeiter der Klägerin bzw. dass Personen, derer sich die Klägerin bei der Einfuhranmeldung zur Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten bediente, durch unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt haben. Dadurch, dass bei der Einfuhranmeldung durch Vorlage der Proformarechnung ein Handelsgeschäft mit der litauischen Firma B vorgetäuscht worden ist, wurde seitens des Zollamtes der behauptete und sich aus der Warenverkehrsbescheinigung ergebende isländische Ursprung nicht weiter hinterfragt, die Zollpräferenz wurde gewährt. Der Umstand, dass das Fischfilet von einer litauischen Firma gekauft worden ist, bietet für sich genommen keinen Anlass, den isländischen Ursprung zu hinterfragen. Die Ware hätte ohne weiteres unter Beibehaltung des isländischen Ursprungs aus einem litauischen Zolllager stammen können. Wären bei der Einfuhranmeldung die isländische Verkaufsrechnung und die litauische Rechnung für die Bearbeitung des Fisches vorgelegt worden, wie es den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen hätte, wäre die Präferenz nicht gewährt worden. Wie der Beklagte im Erörterungstermin vom 15.4.2010 nachvollziehbar dargelegt hat, wäre davon ausgegangen worden, dass durch die Bearbeitung in einem Drittland der isländische Ursprung verloren gegangen ist. Die Vorlage der Proformarechnung stellt demzufolge eine für die Besteuerung erhebliche unrichtige Tatsache dar, so dass der objektive Hinterziehungstatbestand erfüllt ist. Nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der im Erörterungstermin durchgeführten Beweiserhebung gewonnenen Überzeugung des Senats ist dies jedoch nicht mit dem erforderlichen Vorsatz geschehen. Vorsätzlich handelt, wer sicher weiß oder es zumindest für möglich hält, dass er den Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht, und dies billigt oder doch in Kauf nimmt. Der Vorsatz muss sich dabei auf alle Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung beziehen, er muss also die Tathandlung und den Taterfolg und deren Verknüpfung umfassen (Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 370 AO Rn. 231; BFH, Beschluss vom 18.12.1986, I B 59/86) Der Beklagte trägt hierfür die Feststellungslast (BFH, Urteil vom 19.3.1998, V R 54/97).
Nach Überzeugung des Senats haben der seinerzeitige Geschäftsführer der Klägerin und deren Prokuristin den subjektiven Tatbestand nicht verwirklicht. Ihr Vorsatz bezog sich zwar auf die Tathandlung, da die Vorlage der Proformarechnung und die darin liegende Behauptung eines Handelsgeschäfts mit der Firma B bei der Einfuhrabfertigung mit ihrem Wissen und Wollen geschah. Ihnen war auch bekannt, dass es sich bei dieser Rechnung, die zum Nachweis eines Handelsgeschäfts und zum Bemessen des Zollwerts diente, um eine steuerlich erhebliche Tatsache handelte.
Indes fehlte es nach Überzeugung des Senats am Vorsatz in Bezug auf den Taterfolg. Da die Steuerverkürzung in der Beeinträchtigung des gesetzlichen Steueranspruchs durch eine für den Steuergläubiger nachteilige unrichtige Konkretisierung besteht, muss der Vorsatz zwei Elemente umfassen, nämlich zum einen die Kenntnis, dass ein gesetzlicher Steueranspruch besteht und zum anderen das Bewusstsein, dass die Tathandlung die – vollständige und rechtzeitige – Festsetzung dieses Anspruchs verhindert. Es genügt auch hier dolus eventualis. Der Steuerhinterziehungsvorsatz scheidet freilich aus, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund einer unzutreffenden steuerrechtlichen Subsumtion verborgen bleibt, dass er den Steueranspruch verkürzt (Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 370 AO Rn. 238, 240).
Die Klägerin hat insbesondere auch durch die Einlassungen ihrer Prokuristin im Erörterungstermin nachvollziehbar dargelegt, dass es ihr darum ging, durch Vorlage der Proformarechnungen aus ihrer Sicht bestehende praktische Schwierigkeiten bei der Rechnungsstellung zu umgehen. Sie hat sich dahin eingelassen, dass sie regelmäßig bei der Firma A Ltd., Island, Fisch gekauft habe, der dann in ihrem Auftrag in Litauen bearbeitet und von dort nach Deutschland gesandt worden sei. Da im Zolllager der Firma B Fisch aus unterschiedlichen Sendungen eingelagert worden sei und die in Deutschland eingeführten Mengen filetierten Fischs nicht mit einzelnen Sendungen der Firma A Ltd., Island, übereingestimmt hätten, hätte sie keine zur Einfuhrsendung passende Verkaufsrechnung vorlegen können und habe sich daher mit den Proformarechnungen beholfen. Dass sie dadurch Steuern verkürzen könne, sei ihr nicht bewusst gewesen. Die Richtigkeit dieses Vortrags konnte nicht widerlegt werden. Er ist auch vor dem Hintergrund der sonstigen Aktenlage nachvollziehbar. Dafür, dass die Klägerin tatsächlich davon ausgegangen ist, dass der ursprünglich isländische Ursprung der Ware durch die Bearbeitung in Litauen nicht verloren gegangen ist, spricht insbesondere das Schreiben der litauischen Zollverwaltung vom 30.9.1999. Darin heißt es im letzten Satz sinngemäß, dass die Bearbeitung des gefrorenen Fischs nicht zur Begründung des litauischen Ursprungs führt. Die Klägerin hat auch vorgetragen, dieses an die Firma B gerichtete Schreiben bzw. dessen Inhalt gekannt zu haben. Vor diesem Hintergrund ist glaubhaft, dass sie davon ausgegangen ist, für die Gewährung der Zollpräferenzen mache es keinen Unterschied, ob bei der Einfuhr die den verwirklichten Sachverhalt widerspiegelnden Rechnungen oder die Proformarechnungen vorgelegt werden. Nach ihrer steuerrechtlichen Subsumtion war in jedem Fall vom isländischen Ursprung und damit vom Anspruch auf Gewährung der Zollpräferenz auszugehen.
Die Angaben der Klägerin haben im Rahmen der Beweisaufnahme ihre Bestätigung gefunden. Der Zeuge C, der seinerzeitige Geschäftsführer der Klägerin, hat ausgeführt, dass die Proformarechnungen vorgelegt worden seien, weil die Klägerin nicht über mengenmäßig mit den eingeführten Filets korrespondierende Einkaufsrechnungen verfügt hätte. Dies deckt sich mit dem Vorbringen der Klägerin. Seine Einlassung, er sei davon ausgegangen, diese Vorgehensweise sei abgabenrechtlich unerheblich, kann ihm geglaubt werden. Nach seinen Angaben wusste er, dass für Ware isländischen Ursprungs ein geringerer Zollsatz gilt, als für Ware litauischen Ursprungs, er ging jedoch davon aus, dass sich an dem isländischen Ursprung durch die Bearbeitung in Litauen nichts geändert habe. Diese Einlassung ist glaubhaft, konnte sich der Zeuge doch auf die Auskunft der litauischen Zollverwaltung vom 30.9.1999 stützen. Dabei ist unerheblich, ob dieses Schreiben der Klägerin vor den streitgegenständlichen Einfuhren vorlag oder, ob – wie der Zeuge zu erinnern glaubte – er von dessen Inhalt von der Firma B Kenntnis erlangt hat. Entscheidend ist, dass er die Auffassung der litauischen Zollverwaltung kannte und davon ausging, sie sei zutreffend. Insofern bestätigte der Zeuge die entscheidenden Einlassungen der Klägerin. Der Senat hat keine durchgreifenden Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Zeugenaussage sowie der Glaubwürdigkeit des Zeugen. Die Aussage ist in sich widerspruchsfrei, nachvollziehbar und widerspricht nicht der Lebenswahrscheinlichkeit. Der Zeuge hat einen persönlich glaubwürdigen Eindruck gemacht. Er ist nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin, so dass sein persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits unerheblich sein dürfte. Auch hat er eindrücklich geschildert, dass er sich hier in Deutschland eine neue Existenz aufgebaut hat und diese nicht durch vorsätzliche Steuerverkürzungen hätte gefährden wollen.
Anhaltspunkte dafür, dass andere Mitarbeiter oder Vertreter der Klägerin mit Steuerhinterziehungsvorsatz tätig gewesen sind, hat der Senat nicht. Auch der Beklagte trägt in diesem Sinne nichts vor.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.
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